Freitag, 9. Oktober 2009

Mallorca 2009 - Tag 2

Tag Zwei auf Mallorca begann irgendwie naja. Ich hatte wieder nicht wirklich gut geschlafen und dieses Mal die schlechte Matratze als Schuldigen identifiziert. Das Wetter war aber - entgegen anderslautender Ankündigungen - echt schön. Nach dem Frühstück (ein Spiegelei, Pilze, ein Brötchen und Müsli mit Zitronenjoghurt und Mandarinen + Koffein) machte ich mich also ans radeln.

Bevor es losging hatte ich mich noch in einem der Touri-Läden über der Straße mit Obst und ein paar Vollkornkeksen eingedeckt. So ganz traute ich nämlich der Beschreibung "Einfache Tour" in meinem Heftchen nicht - zurecht, wie sich später herausstellen sollte.

Zu meinem Erstaunen war das Einzige was mir beim Start wehtat der linke Handballen und meine Sitzknochen. Letztere passten sich aber bald wieder in ihre zugedachte Rolle ein, nur die Hand machte auch noch für den Test der Fahrt Probleme. Aber erstmal ging alles ganz toll. Vom Hotel aus ging es über Ses Fotges nach Alcudia und dann weiter nach Port de Pollença, immer an der Küste entlang.
Es gab die ganze Zeit toll ausgebaute Radwege, erst in rot, dann in blau, sodass ich mir bald ein wenig wie Dorothee vorkam - immer den gelben Steinen nach.

Wer übrigens glaubt, Deutschland sei eine Kreiselhochburg, der irrt. Auf Mallorca gibt es quasi keine Kreuzung ohne die runden Dinger mit der abstrakten Kunst drauf. Meist sogar zweispurig.

Kurz nach Port de Polença endete der blaue Radweg und der Berg fing an. Und ja, dieses Mal lasse ich mich nicht davon abspeisen es sei ein "Hügel" gewesen. Zwischen mir und einigen wunderschönen Fotomotiven stand also dieser Berg. Von unten sah der auch recht schaffbar aus. Die Auffahrt klappte erstaunlich gut - bis zur ersten Kurve.

Das Gemeine an Serpentinen ist, dass meine Motivationstaktik nicht funktioniert. "Nach der nächsten Kurve hast du's geschafft!" ist frustrierend, wenn danach immer noch eine auftaucht. Irgendwie bin ich dann doch oben angekommen. Mit vielen "Fotopausen" dazwischen, versteht sich ( Von der Straße aus hatte man einen herrlichen Blick über die gesamte Badia de Polença ).

Oben gab es einen Aussichtspunkt, von dem aus man "El Colomer" begucken konnte, DAS Postkartenmotiv wenn man irgendwo in der Nähe von Formentor ist. Natürlich habe ich auch viele hübsche Fotos gemacht.

Die Landschaft dort ist übrigens wirklich traumhaft. Formentor ist der nördlichste Zipfel der Insel und zugleich der letzte Ausläufer der "Serra de Tramuntana", dem Gebirgszug im Nordosten der Insel, der sich über eine Fläche von 1.067 km² erstreckt. Dazu gehört auch der Puig Major, die höchste Erhebung Mallorcas, mit 1445m. Landschaftlich soll das Ganze, insbesondere die beiden Stauseen Embassament de Cúber und Embassament des Gorg Blau extrem eindrucksvoll sein. Angesichts meines noch unentdeckten Talents für Bergtouren werde ich mir dieses Erlebis allerdings für spätere Mallorcabesuche aufsparen. Ich frage mich ohnehin wer auf die bescheuerte Idee kam, mit nem Rennrad Berge hochzufahren. Es heißt RENNrad, nicht BERGrad oder MOUNTAINbike.



Weiter im Text. Während ich da so auf meinem Felsen saß und bei einer Banane über den Sinn und Unsinn von Bergtouren philosophierte, stellte ich fest, dass die Gewitterwolken, die schon eine ganze Weile über Alcudia hingen, bedrohlich näher gekommen waren. Ausserdem bezweifelte ich stark, dass meine Beine ein zweites Mal diesen Berg hochfahren würden ohne die Gewerkschaft einzuschalten. Die Abfahrt sah aber sehr verlockend aus, und ich erwägte kurz, bis ins Tal zur Cala Pi de La Posada zu fahren und ab da den Linienbus zurück zu nehmen. Aber irgendwie hätte ich dann das Gesicht vor mir selbst verloren. Also beschloss ich, es für dieses Mal bei dem Stand zu belassen, und den Heimweg anzutreten. Immerhin waren das auch noch 30km für meine schmerzenden Beine.

Die Abfahrt war nicht halb so schön und entspannend, wie ich gedacht hatte. Da es meine erste Abfahrt war, die Straße stellenweise sehr schlecht ( besonders in den Kurven ) und sehr eng ( besonders in den Kurven ) war, traute ich mich nicht wirklich die Bremse loszulassen und musste nach der Hälfte anhalten, um meine verkrampften Arme auszuschütteln. Ich glaube ich habe meine Beine dabei "Ätschibätsch" singen hören.

Als ich dann unten war, war ich fast froh, dass es nicht mehr Bergab ging. Die dicke Wolke war bedrohlich näher gekommen, und ich strampelte was das Zeug hält um es möglichst weit trocken zu schaffen.

Kurz vor Alcudia fing es an. Eigentlich war es auch kein Regen, sondern ein See hatte einfach vergessen, dass er eigentlich nicht fliegen kann und sich just in dem Moment daran erinnert, als er sich über meinem Kopf befand.
Und dabei war das Wasser (zumindest jetzt noch) nicht das Schlimmste. Die hübsche Küstenstraße wurde schlagartig zum Alptraum. Ich erinnerte mich, dass im Reiseführer gestanden hatte, die Tour solle an einem windstillen Tag gemacht werden (bis dahin war es auch ganz vorbildlich Windstill gewesen) und jetzt wusste ich auch warum.
Die Böen kamen vom Meer und trafen mich auf der vollen Breitseite. Von der anderen Seite hatte ich durch vorbeifahrende Autos einen kostenlosen extra Berieselungsservice (kennt ihr diese Duschen, die von der Seite sprühen?).

Jedenfalls war ich innerhalb weniger Minuten vollkommen durchnässt und die mallorkinische Kanalisation gab nach wenigen weiteren Minuten auf. Das war der Zeitpunkt, zu dem mir klar wurde, warum es überall diese absurd hohen Bürgersteige gab.

Die Szene ist insgesamt schwer in Worte zu fassen, aber die Aussage, mit einem Tretboot wäre ich besser vorangekommen, fasst sie ganz gut zusammen.

Irgendwann habe ich mich dann in einer einsturzgefährdeten Friedhofskapelle untergestellt, um mich dann, nachdem der Regen wieder ein BISSCHEN nachgelassen hatte, bis zum Burger King in Alcudia weiter vor zu arbeiten.

Eine nasse Radhose fühlt sich übrigens an als hätte man in die Pampers gemacht und man hinterlässt nasse Flecken auf den Stühlen.

Nach dem Aufwämpäuschen ging es ans letzte Stück. Meine Knie hatten mittlerweile die Gewerkschaft erreicht und führten die ersten Verhandlungen. Es sah schlecht für mich aus.
Immerhin fand ich das Hotel dieses Mal auf Anhieb.

Nach der Dusche musste ich feststellen, dass der Wind meinen Badeanzug vom Balkon geweht hatte. Also zu Rezeption, die den Hausmeister beauftragte, das Teil vom Vordach zu retten. Ich könne es später abholen.

Danach bin ich erstmal auf dem Bett ins Koma gefallen, um pünktlich zum Abendessen (Paella und gegrillter Fisch + gegrilltes Gemüse) wieder aufzuwachen.

Danach drehte ich noch eine Runde mit dem Fotoapparat am Strand um danach noch einen alkoholfreien Cocktail an der Bar zu schlürfen, während ich diesen Artikel schreibe.

Alles in allem bin ich nicht wirklich zufrieden. Mit 56 km war es sogar einer weniger als Gestern ( ok, dafür war der Berg dabei ), aber ich war nicht mehr zum schwimmen gekommen. Nunja, das muss dann halt Morgen drin sein. Da ist übrigens Fahrradfreier Tag. Meine Beine seufzen erleichtert.


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