Sonntag, 4. November 2012

Hugenotten-Duathlon

Der große Tag. Eigentlich ist er gar nicht so groß, aber weil ich noch nie einen Duathlon gemacht habe, bin ich trotzdem aufgeregt.

Am Abend vorher habe ich sämtliche Bekleidungskombinationen in Erwägung gezogen und mich für kurze Tri-Shorts, darüber lange Lauf-Tights, ein Langarm-Funktionsunterhemd und ein dünnes Laufshirt entschieden. Fürs Rad ausserdem eine Regenjacke. Dazu Duschsachen, Kleinkram und den Rest in die Tasche gepackt, sodass ich mich Morgens nur noch anziehen muss.

Für den Hinweg noch was warmes drüber, zwei Toasts und eine Tasse Tee später kann es los gegen. Ich fahre mit der Bahn nach Neu-Isenburg und finde das Sportzentrum problemlos. Ist ja nicht das erste Mal. Natürlich bin ich viel zu früh da.

Ich bekomme meine Startunterlagen und hole mir einen Kaffee. Aufkleber ("lässt sich Rückstandslos entfernen") auf den Helm und das Rad und dann jede Menge doof rumsitzen. Meine Frage, wo sich denn der Rad-Checkin befände wird mit der Gegenfrage "es gibt einen Rad-Checkin?" beantwortet, also hänge ich das gute Stück einfach so an die dafür vorgesehene Stelle.

Später stellt sich heraus, dass ich einfach nur zu früh dran war, und es eine halbe Stunde später durchaus einen Checkin gibt. Mir solls egal sein, mein Rad hängt ja schon. Ich latsche weiter auf dem Platz herum und versuche herauszufinden, wo ich wann lang laufe. Bei meinem Talent schaffe ich das mit dem Verlaufen nämlich vermutlich sogar auf einer Tartanbahn.


Eine halbe Stunde bevor es losgeht ist Wettkampfbesprechung. Drei Männer reden abwechselnd in ein nicht durchgängig funktionierendes Mikrofon und die wichtigsten Brocken, die ich verstehen kann sind, dass es zwei Fahnen gibt, eine vorn und eine Hinten, und, dass die Waldwege vermutlich nicht existent sind, da die ganze Woche Holzarbeiten stattgefunden haben Hurra.

Ich beschließe, so zu fahren, dass ich keine Fahne sehe und freue mich, dass nun auch endlich Clara eintrifft, die mir für dieses Großereignis freundlicherweise ihre Multisport-GPS-Uhr zur Verfügung stellt. Das ist auch gut so, denn meine ist nicht Wasserdicht, und pünktlich 5 Minuten vor Wettkampfstart beginnt es zu regnen.

Bei meiner Einlaufrunde treffe ich ausserdem Claudi wieder, die dick eingepackt am Rand steht und zum anfeuern gekommen ist. Nach zwei Runden einlaufen dann zum Start, wo sich gefühlt 200 Läufer erstmal unter ein kleines Partydach quetschen, als ob man nicht in drei Minuten ohnehin nass würde. Aber wen kümmerts. Der Startschuss fällt und das 500 Mann (nur 75 Frauen) starke Läuferfeld setzt sich eher gemächlich in Bewegung.

Ich walke über die Zeitnahmematte und trabe dann los, eine Runde durchs Stadion. Schon jetzt stelle ich fest, dass die Beine nicht ganz so fit sind, wie ich das gern hätte, trotzdem bin ich dabei, Leute zu überholen. Wow. Ganz neues Gefühl.
Wir laufen aus dem Stadion raus und in den Matsch rein. Es sind zu viele Leute, um den Pfützen auszuweichen, und so schwimmen meine Füße innerhalb weniger Minuten in meinen Schuhen herum. Juchu. Ich wollte es ja matschig.


Wir laufen in den Wald und ich schaue auf die Uhr. Clara hat clevererweise den Puls auf eine andere Seite als den Pace gepackt, und so beschließe ich, nach Gefühl zu laufen und pendle mich auf 5:38 ein. Die Beine wollen einfach nicht mehr. Dennoch überhole ich damit immer wieder andere Frauen und Männer. Wahnsinn. Die Laufrunde ist recht ereignislos, und würde mich jemand bei KM 4 fragen, so würde ich ihm vermutlich sagen, dass ich jetzt kein Rad mehr fahren kann. Aber zum Glück fragt mich niemand, und so biege ich zurück ein ins Stadion, vorbei an zwei weiblichen Streckenposten die "FRAUENPOWER! FRAUENPOWER!" rufen, sobald eine Frau in Sicht kommt, und bei den Herren "Männerpower..." murmeln. Ich lache und freue mich, dass ich lachend auf einem der Fotos von Clara lande.

Mein Rad steht gleich am Anfang der Wechselzone und ich friemle etwas lange mit dem Reisverschluss meiner Jacke herum, bis ich endlich loslaufen kann. Eigentlich würde ich lieber gehen, aber irgendwie scheint das nicht zur Debatte zu stehen. Ich renne keuchend über die Matte und biege rechts ab in Richtung Radstrecke.

Die ersten Minuten im Sattel fühlen sich an wie ein Segen. Endlich nicht mehr laufen. Die Beine erscheinen erstaunlich fit, und ich überhole jede Menge Leute. Viele davon "bergauf", wo auch immer sich die Möglichkeit ergibt, denn die Waldwege sind schmal und extrem matschig. Kurven lassen sich quasi nur in Schrittgeschwindigkeit fahren, und ich habe ziemliche Angst vom Rad zu fallen.

Vor mir fährt ein Mann mit Eintracht Frankfurt Trikot und ich hänge mich an ihn dran. Gutes Tempo und gleichzeit ein bisschen Windschatten, auch wenn der mir in den Kurven nicht so viel bringt. Aber ich muss nicht denken sondern nur hinterher fahren. Das ist praktisch. Irgendwann zieht er dann doch davon und ich bin fast traurig, dass ich mir ein anderes Zugpferd suchen mus.

Nach 10km wird mir klar, dass ich zu schnell losgefahren bin. Die zweite Hälfte wird also deutlich langsamer, und ich beginne mich zu fragen, wie diese Beine auch noch einen zweiten Lauf durchstehen sollen. Irgendwie ist plötzlich niemand mehr hinter mir, und die nächste Person vor mir ist ganz schön weit weg, sodass ich sie nur auf langen Graden sehe. Keine Ahnung ob das gut ist. Ich mache etwas langsamer, in der Hoffnung, dass meine Beine es mir danken werden.

Endlich kommt die Einfahrt ins Stadion und ich starkse ungelenk durch die Wechselzone und entledige mich meiner Jacke und des Rades.

Das Laufen ist furchtbar. Meine Beine hätte ich mitnehmen sollen, denn die beiden Klumpen die ich da mit mir rumschleppe haben überhaupt kein Gefühl. Ich versuche so etwas wie "Laufen" aber habe überhaupt kein Gespür für Tempo oder Technik. Ich hopple vor mich hin und gucke gelegentlich auf die Uhr. Die sagt irgendwas um 6:00 und da ich meine Beine nicht spüre, kann ich auch nicht schneller laufen.

Ich beginne diese ganze Duathlon-Sache für extrem bescheuert zu halten, zumal es jetzt so stark regnet, dass wir auch bequem schwimmen gehen könnten. Nach knapp 2,5km fühle ich auch meine Beine wieder und wünsche mir, ich täte es nicht. Schneller laufen geht sowieso nicht mehr, und ich will nur noch dass es vorbei ist.

schamlos raubkopiert von hier
Endlich der Einlauf ins Stadion, vorbei an den Leuten, die bereits dabei sind, ihre Fahrräder sauber zu spülen. Sehr motivierend. Nicht.
Der Sprecher kündigt mich an und ich denke, er soll einfach nur seine Klappe halten. Irgendwer in der Wechselzone ruft mir zu, ich soll durchziehen. Ich funkle ihn böse an, laufe aber trotzdem schneller. Soll ja gut aussehen.

Da kommt das Ziel. Die Leuchtanzeige sagt 1:43:irgendwas und ich überlege, hyperventilierend zusammenzubrechen, besinne mich aber eines besseren und gehe keuchend weiter zum Getränkestand, wo ich mir Wasser und köstlichen warmen Krümeltee schnappe. Clara wartet ziemlich durchnässt und ich freue mich sie zu sehen.
Ich würde gern mehr trinken, aber bekomme ständig Hustanfälle. Scheinbar ist meine Lunge der Meinung, genug für die nächsten zwei Monate geleistet zu haben.

Mir wird ziemlich schnell ziemlich kalt, sodass ich mich von Clara verabschiede und duschen gehe. Die Ergebnisliste sagt mir hinterher, dass ich 44. Frau geworden bin, 10. in meiner Altersklasse. Also doch nicht Letzte. Juchu. Ich bin ein bisschen stolz und gönne mir zur Feier des Tages einen Döner mit Pommes.




1 Kommentar:

  1. Der Wechselzonen Durchziehet den Du so böse angefunkelt hast, war übrigens der Zeugwart. ;-) Er ist aber mittlerweile drüber weg gekommen.

    Gut gemacht!

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