Mein zweiter Jedermann-Triathlon ist zu Ende. Ich hab es überstanden. Und sogar meine Zeit ein wenig verbessert, eine neue Freundin gefunden, ein bisschen was dazu gelernt und vor allen Dingen viel Spaß gehabt.
Die vergangene Woche war recht ereignisreich gewesen. Das sollte sich auch am Freitag nicht ändern, und ich beschloss mich Abends mit einigen Freunden zu treffen, die ich schon sehr lange nicht mehr gesehen hatte. Es war ein wirklich schöner Abend, und obwohl ich „nicht so lange bleiben“ wollte kam ich dann doch erst um 2 Uhr ins Bett.
Schon blöd, denn um 5 Uhr klingelte der Wecker am Samstag morgen. Meine Eltern hatten sich standhaft geweigert, mir das Auto zu leihen und da auch sonst keiner zu dem Wettkampf fahren wollte, den ich kannte, musste ich wohl oder übel den Zug nehmen. Also aufstehen um 5. Öffnen konnte ich die Augen noch nicht wirklich, also suchte ich extrem verschlafen meine Sachen zusammen und drapierte sie auf dem Bett. Schuhe, Helm, Schwimmbrille, Startnummernband, Sonnenbrille, Mütze, oh fast die Verpflegung vergessen. Kurzes fischen in meiner Abstell- und Rumpelkammer und ich hatte meinen BW-Rucksack zu Tage oder eher Morgen gefördert, der zwar nicht Aerodynamisch aber zumindest groß genug für den ganzen Kram war.
Panisch alles in den Rucksack stopfen. Ein Handtuch und frische Unterwäsche fürs Duschen danach dazu, dann noch schnell Sonnencreme und die Standard-Medizin-Ausrüstung (Pflaster, Systral Salbe und Aspirin) dazu. So. Was als nächstes? Ah genau, Fahrrad. Da die Radstrecke ein Rundenkurs sein würde, entschied ich mich, den Tria-Lenker wieder abzumontieren. U.a. auch weil ich es nicht geschafft hatte, mit Thorsten zusammen meine Sitzposition noch ein wenig dafür zu optimieren. Also her mit dem Multi-Tool und fleissig Schrauben. Dann nochmal den Reifendruck checken und etwas mehr Luft geben, anschließend mit den Flaschen in die Küche und brav auffüllen.
Anziehen. Wo ist der blöde Tria-Einteiler? Ach genau, den hatte ich zum Koppeln an und wollte ihn waschen, was ich natürlich vergessen habe. Mist. Also aus der Kiste mit der Schmutzwäsche gefischt und dran geschnuppert. Igitt. Lieblos ein paar Spritzer Febreze drauf, wird schon irgendwie gehen. Schwimmen ist ja zum Glück zuerst. Noch ein paar Shorts und ein T-Shirt drüber und irgendwie die Haare machen. Ein Haargummi tuts.
Irgendwas vergessen?
Die Katzen streichen um meine Beine und bekommen realtiv lieblos etwas Trockenfutter in ihr Schälchen, sorry, heute Abend gibt es dafür etwas leckeres. Schnell noch zwei Brote geschmiert und was man sonst noch so taugliches im Kühlschrank findet inklusive einer 1,5L Flasche Wasser in den Rucksack gestopft und dann, immer noch sehr verschlafen, losgefahren.
Es wird grade hell und am Bahnhof ist - natürlich - keine Menschenseele. Die S-Bahn rattert halbwegs pünktlich an und ich fahre die letzte Station zum Hauptbahnhof. 10 min Zeit dort zum Umsteigen. Das reicht um mir ein paar Kohlehydrate beim Bäcker zu kaufen und auch noch kurz zum Bankautomaten zu sprinten. Anschließend rein in den Zug und warten. Der tuckert dann langsam los in Richtung Mannheim und ich habe zum ersten Mal an diesem Morgen Zeit.
In Alsbach steigt eine Frau mit Ringelpullover und Gesundheitsschuhen und Trekkingrad ein. Sie ruft ihren Mann an, dass er ihr die vergessene Trinkflasche Mittags mitbringen soll und setzt sich dann neben ihr Rad auf einen Klappsitz um ein Müsli mit Joghurt zu verspeisen. Manche Leute sind eben wandelnde Klischees.
Die Regio-Bahn hält in jedem kleinen Kuhkaff und deshalb dauert die Fahrt recht lange. Ich spiele ein bisschen mit meinem Handy und freue mich über Glückwunsch-Tweets. Irgendwann sind wir dann auch in Weinheim und ich steige aus. Mein Verbindungsplaner sagt etwas von OEG an Bussteig 5 und 5 min Laufweg. Vor dem Bahnhof gibt es Bussteig 1-4. Keine Spur von 5.
Zwei Mitarbeiter der Deutschen Bahn können mir auch nicht weiterhelfen und so fahre ich einem einsamen Schild dass in eine Richtung zeigt nach und frage schließlich einen älteren Herren nach diesem rätselhaften OEG. Der weißt mir den Weg und ein OEG stellt sich als eine Straßenbahn Richtung Mannheim heraus. Fast 30 Minuten warten jetzt.
Eine Frau setzt sich neben mich, fängt an mir von ihrem Leben zu erzählen. Sie ist etwa so alt wie mein Vater und Witwe, wohnt bei ihrem Freund in Darmstadt und hält sich mit Putzjobs über Wasser. Als gelernte Altenpflegerin verdient man eben nicht gut, und der Rücken macht auch nicht mehr so mit. Sie sei in einer Bauernfamilie aufgewachsen, von klein auf harte Arbeit, bereits mit 20 die ersten Beschwerden. Aber das sei eben so gewesen, damals. Sie wolle nicht mehr zurück. Sie schimpft noch ein bisschen über das Wetter und endlich fährt die Straßenbahn ein und ich kann flüchten.
Ein Rentner schaut mich und mein Fahrrad komisch an als wir uns setzen, aber ich beschließe ihn zu ignorieren. 10 min braucht die Bimmelbahn, dann sind wir da. Ich steige aus und fahre in die Richtung die ich mir vorher ausgesucht habe. Hier ist schon ein bisschen mehr los, aber es ist ja jetzt auch schon fast 9 Uhr. Relativ Problemlos erreiche ich die Straße, die mich zum Stadion führen soll, und da stehen auch schon einige Schilder. Ein kurzes durchwurschteln unter dem rot-weißen Absperrband und jemandem nachfahren der ein teures Zeitfahrrad in eine kleine Seitenstraße schiebt und ja, richtig hier.
Die Startunterlagen sind schnell geholt, der Mensch am Radcheckin meckert, dass mein Helm so locker sitzt. Lässt sich aber von meinem Beteuern, dass mein Kopf mir heilig ist und der nur für die Fahr hierher so locker war überzeugen. Ich habe Startnummer 5 gezogen. Nummer 5 lebt, denke ich und, dass ich mich doch wohl ziemlich früh angemeldet haben muss.
Jemand hat hübsche Stühlchen auf dem Rasen verteilt, und meiner ist ganz nahe am Ausgang zur Radstrecke. Quasi Perfekt. Ich beginne auszupacken und anzurichten, geht alles schneller als erwartet. Anschließend erstmal die Wechselzone und das Schwimmbecken erkunden. Die Strecke vom Schwimmen zur Wechselzone ist recht lang und hat auch noch ein paar Stufen. Ohje. Ich ahne Schlimmes, aber was solls. Zurück zum Rad. Mittlerweile ist Nummer 4 eingetroffen, und Ihre Startnummer sagt, dass sie Franziska heißt. Franziska ist ein bisschen nervös und fragt mich nach einer Standpumpe, sie sei mit dem Zug da. Da auch ich keine habe versuchen wir bei den Nachbarn zu schmarotzen, aber auch die haben keine. Anschließend kläre ich bei einem nahe stehenden Ordner die Frage, wie viele Runden wir laufen müssten. Zwei, sagt der, obwohl im Internet etwas von 3 stand. Also nachher bei der Besprechung gut aufpassen.
Ich unterhalte mich etwas mit Franziska, die als Jugendliche mit dem Triathlon angefangen hat, aber jetzt wegen Schule und Studium ihren ersten Wettkampf seit 6 Jahren macht. Wir unterhalten uns weiter, und ziehen gemeinsam los, Richtung Schwimmbad. Ein kurzer Panikmoment, als ich auf dem Weg meine Schwimmbrille verliere, sie aber zum Glück kurz darauf wieder finde. Während wir noch mal obligatorisch pinkeln gehen, beginnt draussen die Wettkampfbesprechung. 5 Minuten früher als angesagt. Egal, eine Frau erklärt uns, was wir verpasst haben. Dann ab in die Schleuse und zum Becken. Wir sind in der selben AK und in der selben Startgruppe. Franziska nimmt Bahn 4, ich bin auf Bahn 5 eingeteilt. Die 5 auf der 5. Auch nicht schlecht.
Wir haben 5 Minuten Zeit zum einschwimmen (diese Zahl verfolgt mich) und ich ziehe die ersten Züge nach fast 5 Wochen ohne Schwimmtraining. Na ob das mal gut geht. Mit mir auf der Bahn sind noch 6 weitere Frauen. Nach kurzer Besprechung ist klar: mit einer Zielzeit von 9-10 Min werde ich als Erste schwimmen. Es bleibt kaum Zeit für Diskussionen, denn da beginnt schon der Countdown. Wir reihen uns brav auf und dann geht es los. Ich stoße mich ab und ziehe mit einem Affenzahn davon. Erstmal ein bisschen Abstand rausschwimmen. Auf der Bahn nebenan schwimmt Franziska. Knapp eine halbe Bahn schaffe ich es, dran zu bleiben, dann schwimmt sie mir davon. Bei einer geplanten Zeit von 7 Minuten muss sie das auch.
Die erste Wende, ich versuche es mit einer Rolle und sie klappt sogar. Die Zuschauer am Ende der Bahn scheinen beeindruckt. Und ich bin es auch, von der Tatsache, dass ich kein Wasser in der Nase habe. Weiterschwimmen. Nach den ersten hundert Metern fangen die Muskeln an zu schmerzen. Das kommt davon wenn man sich nicht richtig einschwimmen kann. Aber es wird gleich vorbei sein. Ich beisse die Zähne zusammen und schwimme weiter. Nach 300 Metern sind die Muskelschmerzen dann weg und ich kann mehr oder weniger entspannt weiterschwimmen. Das Becken kommt mir sehr entgegen, da ich keine Kraft mit aus dem Wasser oder nach vorne schauen vergeuden muss. Einfach sauber durchschwimmen. Mittlerweile trennt mich noch eine halbe Bahn von der letzten Schwimmerin auf unserer und unsere Zählerin vergisst doch tatsächlich, mir die letzte Bahn anzuzeigen und erschrickt ziemlich auf Nachfrage. Egal, die letzten hundert Meter, ich gebe noch einmal ein bisschen Gas und ziehe mich dann an Land. Kurz den Kreislauf sacken lassen, dann Brille und Häubchen ab, Zweiteres in die vorgesehenen Tonnen werfen und ab zum Rad.
Der Weg zieht sich nach dem Schwimmen noch länger als erwartet und ich kämpfe mich über den Kunstrasen und die Treppe hoch und wieder runter. Von hier aus ist das Rad immer noch ganz schön weit weg, also hinjappsen, Schuhe an, Startnummer an, Helm auf, Brille auf, Rad schnappen, loslaufen. Ohje, das war ein langsamer Wechsel. Es piept als ich über den Zeitnehmer laufe und da ist auch schon die rote Linie zum aufsitzen. Unelegant schwinge ich das Bein über den Sattel. Ein gequältes Lächeln zu den Helfern um meine mangelnde Aerodynamik zu entschuldigen. Dann mal los.
Der Rundenkurs ist recht kurz, insgesamt sind 6 Runden zu fahren. Die Kurven sind alle machbar, nur eine ist dabei bei der man etwas stärker abbremsen muss. Aber es läuft ganz gut. In Einer sitzt ein Fotograf. Der größte Teil ist Windfrei, nur eine Stelle hat doofen Gegenwind und an einer anderen gleicht der Bodenbelag eher der Hautstruktur eines 16Jährigen als einem Boden. Aber was solls. Ich bin recht flott unterwegs, aber nicht so flott wie ich es gerne wäre. Der Schnitt mag einfach nicht über die 30 hinaus. Vielleicht hätte ich doch nochmal schwimmen gehen sollen. Ich überhole trotzdem einige Rennräder, sogar ein Zeitfahrrad und einen Alltags-Drahtesel überrunde ich zweimal. Fein, immerhin nicht letzter. Die Beine werden nach der dritten Runde langsam schwer, zum Glück legt sich das Gefühl irgendwann. Beim Fotografen versuche ich zu lächeln, als es scheitert, bemühe ich mich zumindest, den Mund geschlossen zu halten und mich professionell in die Kurve zu legen.
Ich versuche von meiner Plörre zu trinken, mein Magen beantwortet dies mit nach-Plörre-schmeckenden-Aufstoßern. Dann halt Wasser. Irgendwann ist auch endlich das geradel zu Ende (Franziska hat mich am Ende kurz überholt) und ich biege wieder Richtung Wechselzone ab. Kurve, noch ne Kurve, ah da ist die Markierung zum absteigen, runter vom Rad, rauf auf den Rasen und das Rad irgendwie an den Stuhl gelehnt. Schuhe aus, Helm ab, andere Schuhe an, Uhr geschnappt, losgerannt. Na wenigstens etwas schneller als vorher.
Die neue Uhr findet recht schnell einen Satelliten und verrät mir, dass ich mit 3er Schnitt unterwegs bin. Komisch, dabei komme ich doch überhaupt nicht von der Stelle. Also abbremsen. Über den eiernden Boden balancierend wieder aus dem Stadion raus. Der Weg ist abgesperrt, es geht scharf rechts, ein kleiner Trampelpfad im Wald tut sich vor mir auf. Das ist ja nett! Fast Singletrail. Aber was ist dass denn? Jemand kommt mir entgegen. Eine Laufspur für Hin- und Rückweg ist natürlich zu wenig. Und auf dem Gras läuft es sich nicht so doll. Dazu ist die Strecke leicht profiliert, zum Teil sogar sandig. Na großartig. Das mit der Laufbestzeit kann ich also auch vergessen. Eine weitere Kurve, dann geht es eine langgezogene Steigung hoch. Ich schiele auf meinen Puls und stelle fest, dass ich das besser nicht gemacht hätte. Lieber weiter die Augen auf den Pace starren lassen. Der ist erstaunlich zäh bei dem Versuch, von der 6 vorne wieder auf die 7 rutschen zu wollen. Also laufe ich keuchend etwas schneller.
Oben angekommen endlich ein Stück Straße, am Ende gibt es Wasser, ein Schlückchen, dann weiter. Ich werde von der ersten Frau überrundet. Die hat einen seltsamen Laufstil. Aber sie kanns ich das wohl leisten. Ich habe vermutlich auch einen seltsamen Laufstil, noch dazu muss ich aussehen als kollabiere ich gleich. Ich überhole eine andere Frau. Dann mit stolz geschwellter Brust den Anstieg von eben wieder runter. Na wenigstens etwas. Den Rest der Strecke wieder zurück bis ins Stadion. Da stehen zwei Schilder, 2. Runde und Ziel. Ich bin kurz versucht Richtung Ziel abzubiegen und teile einem dort wartenden Helfer meine Überlegung mit. Der winkt ab und meint ich hätte doch schon die Hälfte. Der hat gut reden.
Also weiter, nochmal die ganze Tortur, Trampelpfad, Sandstück, Schotterweg bergauf, Straße, Wendepunkt mit Wasser und dann alles wieder zurück. Kurz vor Ende springt vor mir eine Frau aus dem Gebüsch und schreit eine vor mir Laufende hysterisch an. Die beginnt in Panik einen Sprint. Sollte das das Ziel der übereifrigen Anfeuerin gewesen sein, dann hat sie es erreicht. Mich springt keiner an, obwohl ich das Gebüsch genau sondiere. Letzer Teil der Strecke im Stadion, mir fehlt sogar die Kraft für einen Endspurt. Die Zeit, die ich beim einlaufen sehen konnte sagt mir auch, dass ein Endspurt es nicht mehr rausreissen wird. Im Ziel schaffe ich es, die Arme halb zu heben. Fertig. Heiß. Trinken.
Franziska kommt mir entgegen und gratuliert mir, ich trinke einen halben Liter Apfelsaft und hole mir mein Dixie-braunes Finishershirt ab. Wenigstens nicht hellblau. Danach duschen, essen, warten. Franziska hat den zweiten Platz unserer AK belegt, und da wir beide zum Bahnhof müssen warte ich noch mit ihr auf die Siegerehrung. Lachend hält sie mir den gewonnenen Gutschein für einen der anwesenden Aussteller entgegen, bei dem sie zuvor genau die Summe des Gutscheins ausgegeben hatte. Pech gehabt. Na dann beim nächsten Mal. Wir fahren gemeinsam zum Bahnhof, und dann geht es, ziemlich erschöpft, zurück nach Hause.
Ergebnis meines zweiten Jedermannrennens:
1:28:12 - S 10:43 - T1 2:27 - B 39:52 - T2 1:22 - R 33:48 macht Platz 48 (von 78) in der Gesamtwertung und eine AK Platz 5 (von 5).
Glückwunsch zum erfolgreichen Finish! Und das mit der Bestzeit wird schon noch :D
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